Paracycler Matthias Schindler zu Gast bei der Steilvorlage
Erst vor Kurzem wurde er von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier eingeladen, um für seine herausragenden sportlichen Leistungen bei den paralympischen Spielen in Tokio geehrt zu werden: Matthias Schindler. Der Nürnberger Paracycler sicherte sich die Bronze-Medaille im Zeitfahren. In der aktuellen Ausgabe unseres Sport-Formats Steilvorlage spricht Podcast-Host Dirk Feustel mit dem Ausnahmesportler über seine Eindrücke in Tokio, seine Querschnittslähmung und wie er sich wieder zurückgekämpft hat.
„Dabei sein ist nicht alles“
Allein die Teilnahme bei olympischen bzw. paralympischen Spielen ist ein enormer Erfolg, auf den alle Athlet*innen stolz sein können. Darauf ausruhen sollte man sich allerdings nicht. So zumindest denkt Matthias. „Dabei sein ist nicht alles“ lautet sein Motto bei derartigen Wettbewerben. Dieses Mindset habe ihm bereits bei der Vorbereitung auf das Turnier geholfen. Denn ohne Medaille wollte der ambitionierte Nürnberger nicht wieder heimkehren. „Am Ende trennten mich 2,9 Sekunden von Platz 4… Wenn ich gesagt hätte „Dabei ist alles“… weiß ich nicht ob ich dann eine Medaille mitgenommen hätte“.
MRT-Bericht: Tumor
„Eigentlich wollte ich Pilot werden“, schildert Matthias. Seit 2000 ist er Polizist und Lebenszeit-Beamter. Mit seiner Bewerbung kam Matthias auch in die engere Auswahl, sodass seinem Traum nur noch ein medizinischer Check bei der Luftwaffe in Fürstenfeldbruck im Weg stand. Dieser Check sollte sein Leben verändern: Denn statt einer neuen Arbeitsstelle bekam Matthias die Diagnose Tumor im Rückenmark. Dem Rat der Ärzte sich schnellstmöglich einer Operation zu unterziehen, folgte Matthias dann auch. Aufgrund von Komplikationen bei der Operation wurden Nerven in seinem Rücken verletzt, weshalb er mit einer schweren inkompletten Querschnittslähmung aus der Narkose aufwachte.
Tiefe Abgründe
Nach dem Aufwachen aus der Narkose, konnte Matthias seine Beine nicht mehr spüren. Es sei immer noch schwierig für den Motivationsredner zu erklären, wie es ist, etwas nicht mehr zu spüren, das man vorher gespürt hat. „Am Vortag konnte ich noch alles machen: Fußball spielen, laufen, rennen, alles was ich wollte. Am Tag danach musste ich aufs Knöpfchen drücken, wenn ich aufs Klo wollte, damit die Pflegerin reinkommt und mich sauber macht… das hat mir komplett den Boden unter den Füßen weggezogen“. So beschreibt Matthias seine ersten Erfahrungen mit der Querschnittslähmung. „Ich bin in ein tiefes Loch gefallen. Das hatte auch viel mit Selbstmitleid und der Frage ‚Warum Ich?‘ zu tun… habe ich das vielleicht verdient?“.
„Ob ich ein Sieger bin, hängt nicht vom Ergebnis ab“
Auch wenn Matthias mit einer Olympia-Medaille nach Hause zurückgekehrt ist und somit ein tolles Ergebnis erzielt hat, so lautet sein Motto doch etwas anders. „Ob ich ein Sieger bin, hängt nicht vom Ergebnis ab“ – unter diesem Leitsatz hält er auch Vorträge als Motivationsredner. Ein Ergebnis könne man nicht planen, dafür aber die eigene Leistung. Und wenn er mit seiner Leistung zufrieden ist, dann könne er auch akzeptieren, wenn mal keine Medaille bei einem Wettbewerb rausspringt.