Bundesliga-Stadionsprecher Julian Pecher zu Gast bei der STORYWELT
Diversität, Politik und Fußball: Eine hochexplosive Mischung von drei Themen, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Und trotzdem wird immer wieder versucht sie unter einen Hut zu bekommen. Wie zuletzt bei der Weltmeisterschaft in Katar. Während Menschen der LGBTQ-Community dort nach wie vor verachtet werden, blicken vor allem wir Deutsche mit einer vermeintlichen moralischen Überlegenheit sehr kritisch auf die Halbinsel im mittleren Osten. Trotz Ankündigung bleiben die selbst auferlegten politischen Statements aus und auch die fußballerische Leistung lässt zu wünschen übrig. Und nun sind es die Deutschen, die mit zugehaltenen Mündern im katarischen Fernsehen parodiert werden.
„Politik ist überall, auch im Fußball“, sagt Julian Pecher in unserem Podcast STORYWELT. Der 31-jährige Julian weiß wovon er spricht. Denn neben seiner Tätigkeit als Politiker im Fürther Stadtrat ist er nicht nur Stadionsprecher beim Bundesliga-Verein SpVgg Greuther Fürth, sondern absolviert auch sein Referendariat. Im Podcast spricht er mit Podcast-Host Alban Imeri über sein Coming-Out, die Akzeptanz homosexueller Spieler in der Fußball-Bundesliga und darüber, ob Sexualität ein Thema im Lehrplan sein sollte.
„Ich habe mich geoutet. Die Reaktion? Keine!“
Schon früh wusste Julian, dass er anders ist. Im Unwissen darüber, wie der engste Kreis darauf reagieren würde, entschied er sich als junger Erwachsener schließlich dazu, sich via WhatsApp bei seinen Eltern und seinem besten Freund zu outen. Das von Angesicht zu Angesicht zu tun hätte er damals nicht übers Herz gebracht. Die Motivation dahinter sei weniger der Drang gewesen, die Sexualität mitteilen zu müssen. Viel mehr will er Vorbild sein. Ein Vorbild für all diejenigen, die sich aufgrund gesellschaftlicher Rollenbilder nicht trauen. Ein Vorbild, das er selber als Heranwachsender vermisst hat.
Homosexuell in der Bundesliga?
Als Stadionsprecher hat Julian Pecher bisher noch nie nennenswerte Anfeindungen aufgrund seiner Sexualität erhalten. Weder bei seinem Heimatverein, der SpVgg Greuther Fürth, noch von Gäste-Klubs oder Fans. Die Behauptung, dass die Bundesliga ein sicheres Umfeld für schwule Fußballer sei, die ihr Coming-Out bekannt geben möchten, will er so aber nicht unterschreiben. Und die Zahlen bestätigen das. Denn bis heute hat sich kein aktiver Bundesliga-Spieler zur Homosexualität bekannt. „Und das obwohl es rein statistisch gesehen eigentlich schon welche geben müsste“, so Julian.
WM-Boykott und Doppelmoral
Auch wenn Fußball einen großen Teil seines Lebens einnimmt, so hat sich Julian keine Minute der diesjährigen Weltmeisterschaft in Katar angesehen. Das hat er aber auch schon bei der letzten WM in Russland so gemacht. Denn auch dort war und ist die Menschenrechtslage für Homosexuelle alles andere als rosig. Einen gesellschaftlichen Zwang zu einem WM-Boykott unterstützt er trotz der Verachtung homosexueller Menschen allerdings nicht. Denn er versteht auch, dass die Leidenschaft zum Fußball vor allem für Fans überwiegt.